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Täve Schur
1959 bei seinem 2. WM-Sieg
und
2021 mit fast 90 Jahren
Mythos Täve
Mit seinen Siegen auf dem Rennrad wurde Gustav Adolf Schur zum Idol einer ganzen Nachkriegsgeneration,
zum beliebtesten Sportler der DDR. Am 23. Februar feiert "unser Täve" seinen 90. Geburtstag.

„Täve, Täve!“ brüllte es aus tausenden Kehlen. Dicht an dicht standen die Magdeburger an jenem 15. Mai 1960 entlang der Strecke durch die immer noch vom Krieg gezeichnete Altstadt. Es war die 12. Etappe der XIII. Internationalen Friedensfahrt und ihr Lokalmatador und Vorjahresgesamtsieger Gustav-Adolf Schur war in der Spitzengruppe dabei. Dann, bei der Einfahrt auf die Aschenbahn des Ernst-Grube-Stadions gab es einen regelrechten Begeisterungssturm. 40 000 war das offizielle Fassungsvermögen für das erst fünf Jahre zuvor neueröffnete Stadion. Es waren aber viel mehr gewesen, die sich damals auf den aus Weltkriegsschutt geformten Wällen drängten und diesen Moment live erleben wollten. Am Ende gewann ihr Täve, so wie er von allen gerufen wurde, den Spurt vor dem Belgier Jean Baptiste Claes und dem Dänen Vagn Bangsborg. Das Stadion tobte, ein Junge aus der eigenen Stadt – nun ja, aus dem nahen Heyrothsberge - stand ganz oben auf dem Podest. Mehr denn je war Täve ihr Idol, war der personifizierte Aufbruch in eine neue Zeit.

Rückblende: Als Gustav Adolf Schur am 23.02.1931 in Heyrothsberge geboren wurde, war Magdeburg schon eine Radfahrerstadt, in der sich das Renngeschehen aber vor allem auf den Betonovalen einzelner Radrennbahnen abspielte. Der Vater war schon früh Mitglied im Heyrothsberger Arbeiterradfahrverein und hatte aus dieser Zeit einen sogenannten "Halbrenner" der Marke Diamant stehen. Nach Ausflügen in den Fußball- und Handballsport, machte sich Täve (gebräuchlicher Rufname für Gustav) dieses Gefährt wieder flott. Mit dem fuhr er nach Kriegsende auch zu seiner Lehrstelle im nahen Dörfchen Körbelitz. Da Material knapp war, dienten ihm damals Vollgummiringe aus dem nahen gelegenen ehemaligen Heereszeugamt Königsborn als Bereifung.

Im März 1950 schrieb die SG "Grün Rot" Magdeburg ein sogenanntes Drahtreifenrennen aus. Die Strecke ging von Magdeburg nach Wolmirstedt und zurück. Der 19-jährige Täve startete zu seinem ersten Radrennen und gewann. Nicht der Sieg an sich war die Überraschung, eher sein auf diesen 18,4 km herausgefahrener Vorsprung von 5:17 Minuten! Es war der Grundstein für eine beispiellose Laufbahn. In der BSG Aufbau Börde unter Trainer Wilhelm Thiele und Leistungsträgern wie Horst Gaede, Heinz Höhne oder Kurt Hünerbein u.a., wurde er 1951 bereits DDR-Meister im Mannschaftsfahren, siegte in „ Rund um Berlin“ und wurde Vierter in der DDR-Rundfahrt. Ein Jahr später stand er zusammen mit Horst Gaede aus Barleben in der Friedensfahrtmannschaft, sorgte für erste internationale Aufmerksamkeit. 1953 und 1955, oft in seiner Erfolgsskala vergessen, zwei Mal Studentenweltmeister. Es folgten der erste Friedensfahrtsieg und Bronze bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne. Spätestens jetzt hatte die DDR ihren Sportstar. Er war inzwischen Mitglied im SC DHfK Leipzig geworden und toppte seine Erfolgsbilanz durch den Gewinn von zwei Amateur-Weltmeistertiteln (1958 und 1959), einen weiteren Friedensfahrtsieg (1959).


 

Dann kam das Jahr 1960, sportlich nicht sein erfolgreichstes, aber gerade das ließ ihn endgültig zum Idol werden. Nach der Friedensfahrt, bei der er den Gesamtsieg von 1959 nicht wiederholen konnte, gelang es dem Rennradteam um Täve Schur bei den Olympischen Spielen in Rom trotz einer Silbermedaille im Mannschaftszeitfahren nicht, die hohen Erwartungen zu erfüllen. Schließlich hatten sie erst Wochen zuvor auf dem heimischen Sachsenring ihr Bravourstück abgeliefert. Bei der zur „schwersten WM aller Zeiten“ hochstilisierten Straßenweltmeisterschaft der Amateure gelang der Doppelsieg für Bernhard Eckstein vor Täve Schur. Das taktisch meisterhaft gestaltete Rennen wurde zum Medienhammer, aber auch oft verklärt dargestellt. Hin, wie her, es war das bis dahin größte Meisterstück im Amateurradsport der DDR und Täves Anteil daran riesig. Und seine Popularität anschließend noch viel größer. Quasi als Bestätigung seiner Beliebtheit gewann er in jenem Jahr zum bereits achten Mal die Wahl der Zeitung „Junge Welt“ zum beliebtesten Sportler der DDR, diesmal vor dem Skispringer Helmut Recknagel.

Ergänzt werden sollten in der langen Erfolgsliste noch neun DDR-Meisterschaften auf der Straße und 9x Sportler des Jahres. In bleibender Erinnerung sind auch seine Siege im Schatten des Magdeburger Doms. So im überfüllten Bauarbeiter Stadion bei den Etappenankünften der DDR-Rundfahrt, vier Erfolge in der schweren Harzrundfahrt oder seine Starts und Siege vor 80 000 Zuschauern bei Rund um den Dom in der Hegelstraße, ein Rundstreckenrennen, das zu DDR-Zeiten "Preis der Republik" hieß.

Ruhiger ist es um Gustav-Adolf-Schur auch heute nicht geworden. Ehrenpräsident im Landessportbund. Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Magdeburg, Ehrung mit einer Graffitiwand am Friedensfahrtmuseum, Ehrenbürgerschaften oder Ehrungen für sein Lebenswerk häufen sich. Nur die Aufnahme in die “Hall of Fame“ des deutschen Sports blieb ihm versagt. Für mangelhafte Aufarbeitung der Dopingvergehen im DDR-Sport soll er den "Bußweg nach Canossa" gehen. Wer aber Täve kennt weiß, dies lehnt er ab. "Ich bin auch ohne Aufnahme im nationalen Sport verankert", ist seine Reaktion.

An seinem 9O. Geburtstag wird der Briefkasten voller sein als sonst, das Telefon wird nicht stillstehen und doch wird durch die Viruspandemie alles anders sein.

Wir gratulieren und wünschen ihm auf den Weg zu seinem großen Ziel, die 100 zu erreichen, vor allem Gesundheit und bleib so optimistisch wie du bist!

Günter Grau
(Ehrenpräsident des Landesverbandes von Sachsen-Anhalt)


Täve's Mail Adresse lautet: taeve@radsportonline.com

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